Text und Bilder: Jan Horstmann
D-MDIW auf großer Reise: 3 Länder, 4 Tage, 11 Landungen und 2.000 km
Der Flug Club Brauna hat 2017 zum 25. Jubiläum des Sachsenmarathons eingeladen. Wie jedes Jahr war geplant am langen Himmelfahrtswochenende die deutschlandweit einzigartige Traditionsveranstaltung des „Luftwanderns“ mit Ultraleichtflugzeugen durchzuführen.
Vorbereitung
Zur Vorbereitung meiner Teilnahme waren einige Maßnahmen vorab erforderlich. Die Reise sollte mit unserem Vereins-UL-Flugzeug, der Zodiac CH601DX, der D-MDIW stattfinden. Neben dem Kauf von Erdankern und Verzurr-Material enthielt mein Gepäck ein komplettes ICAO-Kartenset, ein Scheiben-Reinigungsset, etwas Motor-Öl und Werkzeug für den Fall der Fälle (was ich nicht gebraucht habe). Am Vorabend des Reisetags erfolgten ein kompletter und intensiver Flugzeugcheck sowie die Betankung mit 120 Liter Kraftstoff, ausreichend für mehr als 6 Flugstunden. Ein leichter Rucksack mit Wäsche komplettierte das Gepäck, um das MTOW von 472,5kg nicht zu überschreiten.
Anreise
Die Anreise erfolgte am Mittwoch, den 24.05.2017 mit der D-MDIW, Abflug um 13 Uhr. Dank des strammen Ostwinds waren die knapp 500 km Anreise innerhalb von gut 2:15 h erledigt. Dabei verlief die Strecke nach dem Start durch die Kontrollzone Münster „direkt Brauna“, natürlich ohne Pflichtmeldepunkte. Nachdem Münster Turm sich endlich mit dem Mode C Transponder der Zodiac angefreundet hatte, war der Durchflug problemlos. Es ging dann über Herford weiter Richtung Osten. Die Strecke verlief durch den Harz, ein Überflug des Brocken durfte nicht fehlen. Wolkenbasis war hoch genug, ein kleines Regenschauer im Harz konnte der IW nichts anhaben. Aufgrund von 3 Grad Außentemperatur musste die Heizung doch ihren Dienst verrichten. Der mittlerweile noch stärker werdende Ostwind ermöglichte eine Ground-Speed von 240 km/h im leichten Sinkflug aus dem Harz heraus. Bremen Information war ruhig, kaum Verkehr in der Luft. Anders sah es nach dem Frequenzwechsel auf München Information aus. Unzählige Ultraleicht-Flugzeuge waren auf der Frequenz, natürlich alle mit dem gleichen Ziel, Brauna östlich von Dresden.
Der kleine Sonderlandeplatz mit Graspiste in Brauna ist nicht leicht zu finden, insofern hieß es beim Anflug Augen auf. Die IW war die vierte Maschine am Platz, da viele Piloten sich aufgrund des böigen Winds mit Sturm- und Gewitterwarnung eher auf eine abendliche Anreise eingestellt hatten. Aufgrund des großen Seitenruders der Zodiac und Wind fast auf der Bahn war die Landung kein Problem. Nach der Landung kamen die Erdanker und die Seile zur Absicherung zum Einsatz.
Übernachtung erfolgte in einer Pension im nächsten Ort, 25€ mit Frühstück sowie Hol- und Bringdienst zum Flugplatz waren einfach TOP!
Am Anreisetag fand das übliche Briefing statt. Neben der Flugplanung für die folgenden Tage erfolgten die Auffrischung des Formationsfliegens und diverse Hinweise zu den An- und Abflugrouten der Plätze.
Erster Tag
Am nächsten Morgen startete der eigentliche Sachsenmarathon mit einen Wetterbriefing und letzten Hinweisen für die Formationsführer. Die D-MDIW war Teil der Formation S mit 8 Flugzeugen, darunter u.a. Breezer, Skylane, Remos G3 und Peregrine. Die Formation einigte sich auf eine TAS von 170km/h und eine freie Bord-zu-Bord Funkfrequenz.
Der erste Tag des Sachsenmarathons startete dann mit 79 Flugzeugen in 11 Formationen von Brauna nach Dessau. In Dessau stand die Besichtigung des Hugo Junckers Museums auf dem Plan. Perfekt organisiert wurden die 140 Piloten und Co-Piloten mit Bussen in das 2km entfernte Museum verbracht. Dort gab es dann ein Mittagessen und eine Museumsführung. Nach der Stärkung ging es weiter Richtung Riesa.
Mittlerweile hatten sich alle Piloten an das Formationsfliegen gewöhnt, sodass geordnete An- und Abflüge und engen Zeitabständen möglich wurden. Während des Streckenflugs fliegt die Formation dicht beisammen, rechts und links jeweils eng gruppiert. Spätestens im Gegenanflug beginnt sich die Formation hintereinander in einem geordneten Sicherheitsabstand aufzureihen.
In Riesa gab es dann eine kleine Pause mit Kaffee und Kuchen. Ein Bild der Flight Line, als gerade mal die Hälfte der Teilnehmer gelandet war, schon eine Menge los.
Die Strecke des ersten Tages offiziellen Sachsenmarathon-Tags betrug insgesamt 316 km mit 3 Landungen. Der Rückflug von Dessau nach Riesa und später nach Brauna erfolgte entlang der Elbe und bot eine schöne Aussicht auf die Natur von oben.
Am Abend des ersten Tages fand dann noch ein Modellflug-Display mit diversen Fluggeräten statt und der Abend klang bei Bier, Bratwurst und Feuerfleisch aus.
Zweiter Tag
Für den zweiten Tag des Sachsenmarathons war der legendäre 3-Länder-Flug eingeplant. Geplant war der Start in Brauna mit Flug über Bautzen, Görlitz nach Jelenia Gora (Hirschberg) in Polen. Weiter war vorgesehen nach einer kurzen Pause weiter nach Tschechien nach Mlada Boleslav zu fliegen. Die Gesamtstrecke für den zweiten Tag betrug gut 370km.
Beim morgendlichen Briefing wurde zunächst der erste Wettbewerbstag rückwirkend analysiert. Außer einem umgestürzten Kuchen gab es keine besonderen Vorkommnisse. Spannend war dann jedoch das Wetterbriefing für den 3-Länder-Flug. Die Wolkenbasis war mit 1.500 ft bis max. 2.000 ft nicht ausreichend die Schneekoppe (4.200 ft) von Polen nach Tschechien zu überfliegen. Doch es war eine ansteigende Bewölkung vorausgesagt. Vorsichtshalber hatten wir eine Alternate-Strecke durch das Hinterland von Polen vorbereitet.
Also startete die Formation S um 09:45 Uhr, um diese einmalige Strecke zurückzulegen. Diesmal war ich mit der D-MDIW Formationsführer, da ich der einzige Pilot mit AZF / BZF 1 und guten EnglischKenntnissen in der Formation S war. Der Flug nach Polen verlief sehr ruhig und tatsächlich wurde der Gipfel der Schneekoppe genau in dem Moment sichtbar, als wir in das Tal von Jelenia Gora in Polen einflogen.
Die Polen waren nicht sehr redselig und alle Funkrufe wurden ignoriert. Die Landerichtung 28 war klar, insofern reichten Blindmeldungen in der Platzrunde aus. Direkt nach der Landung stürmte ein Presseteam des polnischen Lokalfernsehens auf uns zu. So gab es an diesem Tag neben dem AeroKurier bereits das zweite „Presse-Erlebnis“. Übrigens ist Jelenia Gora die Wiege der Grunau Baby, dem bekannten Segelflugzeug. Im Queranflug von Jelenia Gora liegt der legendäre Fliegerberg mit Jezow Sudecki (Grunau), bei zweistelligen Steigungsraten der Piste Bergaufwärtslandung nur was für Geübte. Segelflug funktioniert hier auch ohne Wiede oder Schleppflugzeug.
Nach einer kühlen Cola in Polen ging es dann tatsächlich gemäß Streckenplanung über die Schneekoppe nach Tschechien.
Nach dem Start in Jelenia Gora (Polen) mussten wir innerhalb von 10 Minuten auf 5.000 ft steigen. AlIe Maschinen der Formation S starteten und holten in einer großen Platzrunde aus, um dann mittels 10 Minuten Vollgas-Maximal-Steigflug die Schneekoppe zu überqueren. In Tschechien gab es einige Sperrgebiete und Höhenbegrenzungen zu beachten. Besonders speziell ist auch, dass Tschechien bereits auf 8,33 MHZ Frequenzraster Flugfunk umgestellt hatte. Für unsere Zodiac D-MDIW kein Problem. Da aber nicht alle der 79 teilnehmen Maschinen neue Funkgeräte an Bord hatten, konnten wir den tschechischen Flugleiter nach vorherigen Anruf überzeugen, die alte Frequenz für Boleslav 123.600 MHZ für den Sachsenmarathon mit einem Handfunk-Gerät „wiederzubeleben“. Zum Anflug gab es dann die Freigabe des Flugleiters für ein Midfield-Crossing mit anschließender Landung auf der Piste 34, die leider extrem uneben war und alle Maschinen und Besatzungen kräftig durchschüttelte.
Nach der Landung in Mlada Boleslav gab es eine große Überraschung. Der dortige Fliegerclub hatte seine Hallen vollständig neu aufgebaut und ein schönes Museum mit historischen Flugzeugen eingerichtet. Neben Klemm 25, Piper4 gab es auch einen Fieseler Storch und weitere historische Flieger zu sehen. Nach der üblichen Sachenmarathon-Bratwurst zu Mittag folgte die nächste Überraschung. Ein netter Mann in weißem Hemd holte die Klemm 25 aus dem Museum. Ich kam mit ihm ins Gespräch. Es stellt sich später heraus, dass er Vorstandsmitglied bei Skoda ist und aus dem hiesigen Lengerich stammt. Kurzerhand wurde auch der Fieseler Storch aus dem Museum gezogen und erfolgten einige „sehr tiefe Überflüge“, u.a. auch zwischen den Bäumen an hinteren Bildrand. Uns wurde eine tolle und einmalige Show geboten.
Nachdem die Flugshows beendet waren folgte das obligatorische Gruppenfoto mit allen Teilnehmern. Getankt wurde auch noch, für sagenhafte 1,23€ je Liter Mogas. Dann erfolgte der der Rückflug nach Brauna, wobei alle Maschinen bemüht waren, einen extremen Kurzstart hinzulegen, um auf der buckeligen Piste in Mlada Boleslav nicht zu sehr durchgeschüttelt zu werden.
Am Abend des zweiten Tags erfolgten noch einige Showflüge mit C42, der Start eines HeißluftLuftschiffs sowie der Überflug einer 6er-Formation Fascination, die zeitgleich ihr Jahrestreffen in Görlitz stattfinden ließen.
Dritter Tag
Der dritte Tag des Sachsenmarathon umfasste eine Tour rund um Berlin. Bei sonnigen und warmen 27 Grad starteten alle Formationen pünktlich um 9:45 Uhr auf die rund 470 km lange Tour über Eberswalde-Finow, Bienenfarm zurück nach Brauna.
Der Flug von Brauna nach Finow führte am Rande des Spreewalds vorbei an der ehemaligen LuftschiffHalle (heute Tropical Island) östlich an Berlin vorbei nach Finow. Der Flug verlief derartig ruhig, dass die IW nach austrimmen fast 90km ohne jeglichen Eingriff von selbst Richtung Norden flog. Außer kurzes Informieren der umliegenden Plätze auf dem Flugweg war „Genießen“ angesagt. In Finow gab es Mittagessen, kühle Getränke und Eis. Der Weiterflug führte vorbei am Schiffshebewerk, um dann Richtung Bienenfarm weiterzufliegen.
In Bienenfarm galt dann sehr lange Landung, um nicht auf der doch holprigen Piste durchgeschüttelt zu werden. Nach einem Eis ging es dann zurück nach Brauna.
Impression des Sachsenmarathons in Eberswalde-Finow:
Am Abend des letzten Sachsenmarathon-Tags folgte dann die Siegerehrung. Grundsätzlich wurde natürlich jeder als Sieger benannt, der alle Tage mitgeflogen war. Als Gastgeschenk erhielt jeder Teilnehme eine Reisetasche. Es waren spannende Tage und nette Erlebnisse. Den eigentlichen Wettbewerb gewannen erstmals zwei Sachsen aus Langhennersdorf. Die beiden hatten mit einer CT am Anreisetag eine Strecke von Langhennersdorf, über Görlitz, Stade, Emden, Osnabrück, Aachen und Donauwörth nach Brauna zurückgelegt. Gesamt also 1266 km + die 1128 Wettbewerbskilometer. Leider reichte meine Strecke mit der D-MDIW mit knapp 2070 km diesmal nicht für eine Medaille. Gefeiert wurde trotzdem, der Abend klang bei Bier, Bratwurst und zwei lokalen Komödianten aus.
Rückflug
Der Rückflug am Himmelfahrts-Sonntag war geprägt von Gegenwind. Bereits der Start im Lee des Waldes in Brauna erforderte kräftiges Fahrt aufholen vor dem Steigflug. Danach ging des direkt nach Rheine-Eschendorf zurück. Um 9 Uhr morgens war München Information noch unbesetzt, lediglich ein Tonband war zu hören. Also ging es vorbei an Leipzig, über den Brocken zurück ins Münsterland. Doch der Plan des direkten Steuerkurses löste sich mit einem heftigen Gewitter nahe Hameln-Pyrmont in Luft auf. Nach einigen Extra-Kurven und etwas Zickzack war der Flugweg wieder frei. Die IW landete dann 12 Uhr wieder in Rheine-Eschendorf.
Résumé
3 Länder, 4 Tage und über 2000 km Flugstrecke mit 6 fremden Plätzen, 11 Landungen und knapp 15 Flugstunden waren das Ergebnis des „Kurzurlaubs“. Genau das Richtige, um mit gutem Trainingsstand in die Saison zu starten.
Die D-MDIW hat während der gesamten Strecke zuverlässig ihren Dienst getan. Kein Messbarer Ölverbrauch und ein durchschnittlicher Kraftstoffverbrauch von ca. 18 Liter pro Stunde. Gelegentliche Mitflieger auf einigen Streckenabschnitten bestätigten guten „Reisekomfort“.
In 2018 wird der Sachsenmarathon ein Jahr pausieren. Ich werde dann vermutlich an einer Alpentour teilnehmen. Wer Interesse hat, darf sich gerne melden. Luftwandern mit ULs ist absolut empfehlenswert. Untenstehend noch eine Impression der Flight Line Brauna, ULs so weit man blickt: